Wichtige Informationen für
Fachpersonen
Young Carer erkennen
- Sie wirken häufig müde.
- Sie zeigen körperliche Beschwerden, wie z.B. Rückenschmerzen vom häufigen Heben der erkrankten Person.
- Sie verhalten sich sehr angepasst und unauffällig.
- Sie sprechen nicht gern über die Situation zu Hause.
- Sie verbringen kaum Zeit mit Freunden oder haben wenig Freunde.
- Sie können sich ein eigenes Leben entfernt von der Familie kaum vorstellen.
- Sie nehmen häufig nicht an außerschulischen Aktivitäten und Klassenfahrten teil.
- Sie zeigen plötzliche Veränderungen bei den schulischen Leistungen oder in der Konzentrationsfähigkeit.
- Sie kommen häufig zu spät zur Schule oder fehlen ganze Tage oder Wochen ohne ersichtlichen Grund, haben aber außergewöhnliche und wertvolle soziale Kompetenzen.
Suchen Sie ein vertrauensvolles Gespräch mit Young Carern:
Suchen Sie ein vertrauensvolles Gespräch mit Young Carern:
- Begegnen Sie Young Carern auf Augenhöhe und mit Wertschätzung, denn sie leisten gesellschaftlich als auch familiär etwas Großartiges.
- Fragen Sie achtsam nach den aktuellen Lebensumständen, denn für die Young Carer ist ihre Leistung oft ein sensibles Thema.
Ziehen Sie ggf. auch ein Gespräch mit einer Vertrauenslehrerin oder Vertrauenslehrer in Erwägung. - Bieten Sie Hilfe und Unterstützungsmöglichkeiten an
- Geben Sie Möglichkeiten, wie sich Schule, Ausbildung und die Betreuung vereinbaren lassen. Dazu sind häufig auch individuelle Absprachen auch mit der Schulleitung sinnvoll.
- Vermeiden Sie:
- Vorwürfe, Beschuldigungen, Ermahnungen
- Verurteilungen, Wertungen
- Bevormundung
- Druckausübung
- Lassen Sie Young Carer von ihrer Situation erzählen. Zeigen Sie Interesse und signalisieren Sie, dass Sie stolz auf sie sind.
- Machen Sie ihnen Mut. Young Carer sind nicht alleine. Sie leisten Großartiges und sind wertvoll für die Familie.
Praxishilfen, Tipps und Hintergrundinformationen
Praxishilfen, Tipps und Hintergrundinformationen
Schulpaket von „pausentaste“
Digitales Hochschulpaket
Weitere hilfreiche Materialien
Webportal “echt-unersetzlich“ ein Handbuch
Infos zu verschiedenen Krankheiten
Infos zu verschiedenen Krankheiten
Hier bieten wir Ihnen einen kurzen Überblick über einige Erkrankungen – und die spezifischen Besonderheiten für die Young Carer.
Chronisches Schmerzsyndrom
Von einer chronischen Schmerzkrankheit spricht man dann, wenn der Schmerz nicht mehr ein „Warnsignal“ des Körpers bedeutet, sondern wenn die Beschwerden länger anhalten, zu körperlichen Einschränkungen führen und das Befinden, die Stimmung und das Denken nachhaltig beeinträchtigen. Die Gründe für chronische Schmerzen und Entzündungsprozesse können klar diagnostiziert sein (z.B. Bandscheibenvorfall), aber auch unspezifisch, unklar welche Ursache tatsächlich vorliegt.
Besonders schwierig ist die Situation für YC, wenn Schmerzen unspezifisch und willkürlich an verschiedenen Stellen auftreten können, wie z.B. bei Rheuma oder Fibromyalgie oder einer bestimmten Ursache gar nicht zugeordnet werden können. Eine „Planbarkeit“ für das tägliche Leben wird damit schwieriger und/oder auch die psychische Belastung, weil eben nicht klar ist, wo die Schmerzen herkommen.
Weiterführende Informationen:
- Website der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
Demenz
Demenz ist eine neurologische Erkrankung, bei der es zu Gedächtnisstörungen kommt. Am Anfang ist meist das Kurzzeitgedächtnis betroffen, im späteren Verlauf können auch Störungen des Langzeitgedächtnisses und ein Verlust von Fähigkeiten dazu kommen. Somit kann es auch zu Problemen mit der Sprache, Aufmerksamkeit oder der Orientierung kommen.
Da die Demenz meist einen schleichenden Verlauf über Jahre hat, ist diese Erkrankung selbst für Erwachsene, die den Betroffenen betreuen oder begleiten, eine große Herausforderung, z.B. wenn die erkrankte Person uneinsichtiger oder auch aggressiver wird. Wie viel mehr für ein Kind oder einen Jugendlichen. Hier macht es allerdings für YC bestimmt einen Unterschied, ob die Eltern oder die Großeltern betroffen sind. Sind es die Großeltern, können die Eltern viel abfedern, erklären, verstehen lernen. Ist es für den YC die eigene Mutter oder der Vater ist in der Regel die emotionale Belastung wesentlich höher.
Weiterführende Informationen:
- Auf dem YouTube-Kanal der Stiftung Gesundheitswissen
- Artikel der Neurologen und Psychiater im Netz: „Was ist Demenz?“
Depression
Depression ist eine psychische Erkrankung, bei der die Gefühle wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit die betroffene Person dauerhaft begleiten. Alltagstätigkeiten können damit zu einer großen Herausforderung werden.
Herausfordernd für YC ist es, die unterschiedlichen Facetten von Depressionen auszuhalten oder zu verstehen, z.B. bei manisch-depressiven Angehörigen von „himmelhochjauchzend und dann wieder zu Tode betrübt“. Oder das Rückzugsverhalten des Betroffenen in einer depressiven Phase kann für den YC als „Beziehungsdistanz“ erlebt werden, obwohl der YC sich vielleicht doch massiv bemüht, dem Erkrankten zu helfen und Nähe schenken zu wollen.
Weiterführende Informationen:
- Artikel der Neurologen und Psychiater im Netz: „Was ist eine Depression?“
Herzinsuffizienz
Herzinsuffizienz wird auch Herzschwäche genannt. Dabei kann das Herz nicht mehr normal belastet werden und die Organe mit ausreichen Blut und Sauerstoff versorgen. Häufig kommt es hierbei zu Atemnot oder Flüssigkeitseinlagerungen.
Bei der Herzinsuffizienz ist es oft die Angst die herrscht. Bei Betroffenen und Angehörigen. Das Herz, als zentrales Organ muss funktionieren – darum sind YC oft gefordert jegliche Störungen, Probleme oder Sorgen zu vermeiden oder sogar selbst zu lösen, die den Erkrankten belasten könnten.
Weiterführende Informationen:
- YouTube-Video von NetDoktor: „Herzinsuffizienz – wenn das Herz schwächelt“
- Artikel der Deutschen Herzstiftung: „Herzschwäche: Symptome und Therapie“
Krebs
Krebs ist eine Erkrankung, bei der sich neue bösartige Zellen bilden, die sich unkontrolliert im Körper vermehren. Wenn diese Zellen sich an verschiedenen Stellen im Körper vermehren, nennt man diese Metastasen. Es gibt ganz verschiedene Krebsarten mit unterschiedlichen Heilungschancen, jedoch führen diese unbehandelt meist zum Tod.
Über kaum eine Krankheit wird mehr gesprochen als über Krebs. Jeder weiß etwas darüber zu sagen und gleichzeitig ist die Erkrankung so schwierig im Einzelfall zu ergreifen, was das für die Betroffene aber auch für die Familie bedeutet. Besteht Chance zur Heilung oder nicht? Ist die Heilung anhaltend? Neben den praktischen Unterstützungsangeboten im Alltag sind YC hier gefordert, diese Fragen mit zu (er)tragen.
Weiterführende Informationen:
- YouTube-Video der Krebsliga: „Was ist Krebs?“
- Artikel vom Deutschen Krebsforschungszentrum: „Was ist eigentlich Krebs?“
Migräne
Migräne ist eine wiederkehrende Kopfschmerzerkrankung und zeigt sich in Attacken, die einige Stunden aber auch mehrere Tage anhalten können. Typische Merkmale sind einseitige, oft pulsierende Schmerzen bis zur starken Intensität. Begleitend können Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Überempfindlichkeit gegen Licht, Lärm und Gerüche auftreten. Vorübergehend kann es sogar zu neurologischen Ausfällen kommen.
Wichtig für die YC: Die Symptome können durch körperliche Routineaktivitäten sogar verstärkt werden. Während einer Attacke ist die Leistungsfähigkeit der Betroffenen z.T. massiv eingeschränkt bis hin zu völliger Bettruhe über Tage. In dieser Zeit sind YC meist besonders gefordert.
Weiterführende Informationen:
- Website der Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V.: dmkg.de
Multiple Sklerose
Multiple Sklerose (MS) ist eine neurologische Autoimmunerkrankung, bei der das eigene Immunsystem die Nervenfasern angreift, wodurch motorische Einschränkungen, wie z.B. Lähmungserscheinungen entstehen. Die meisten Erkrankungen beginnen im jungen Erwachsenenalter. MS kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.
YC brauchen viel Feingefühl und Einfühlungsvermögen für die situative Befindlichkeit der erkrankten Person(en). Je nach konstruktiver Auseinandersetzung in der Familie entwickelt der YC achtsame Aufmerksamkeit und eine hohe Sozialkompetenz, es kann aber auch schnell zu Überforderung, Dauerstress oder (aggressiven) Widerständen führen.
Für die jungen „Verantwortungsträger“ kommen neben Haushaltstätigkeiten und Pflege oft weitere Herausforderungen dazu, z.B. emotionale Unterstützung für die erkrankte Person, aber auch für andere Familienmitglieder bis hin zu beispielsweise „Mutterersatz“ für die jüngeren Geschwister.
Wie bedeutsam ist deshalb für unterstützende Fachpersonen, die ganz spezielle und individuelle Situation der YC zu „ergreifen“ und richtig zu verstehen…, um dann (erst) entsprechende Hilfsangebote zu entwickeln.
Weiterführende Informationen:
- Artikel der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V.: „Was ist Multiple Sklerose (MS)?“
Parkinson
Parkinson ist eine Erkrankung des Gehirns, die mit einem Verlust von Nervenzellen einhergeht. Bei Parkinson sind u.a. typische motorische Symptome Verlangsamung der Bewegung, Muskelversteifung und Zittern.
Wie bei fast allen Krankheitsbildern kommt es bezüglich der „Einsätze“ der YC auch immer auf den Schweregrad / Ausprägung einer Erkrankung an. Geht es z.B. um kleine Handgriffe für den Alltag kann das für die YC sehr wertvoll sein, der Oma oder dem Opa gerade bei Parkinson zu helfen. Sind dagegen schon massive körperliche Einschränkungen wie Gleichgewichtsstörungen erkennbar, kann der YC wiederum sehr schnell körperlich oder emotional überfordert sein (u.U. sogar ohne es zu merken)
Weiterführende Informationen:
- Artikel von pflege.de: „Themenwelt Parkinson“
Sucht
Sucht bezeichnet die Abhängigkeit nach einem bestimmten Suchtmittel. Dabei können sowohl materielle Suchtmittel z.B. Drogen, Zigaretten, Alkohol wie auch nichtmaterielle Suchtmittel z.B. Glücksspiel gemeint sein. Häufig wird die Sucht beibehalten, obwohl negative Konsequenzen damit verbunden sind.
Klassische Auswirkungen von Suchtphänomenen (Ausbrüche, Gewalt, „es nicht recht machen zu können“ oder z.B. sogar beauftragt werden, Alkohol zu organisieren…) sind für YC besonders herausfordernd, in die tragische „Retter Rolle“ zu kommen bis hin zu Coabhängigkeiten.
Weiterführende Informationen:
- Artikel der Neurologen und Psychiater im Netz: „Was ist Sucht / eine Suchterkrankung?“
Menschen mit Handicap
Es gibt viele Familien, in denen ein oder sogar mehrere Familienmitglieder ein Handicap haben. Handicaps können Beeinträchtigungen auf körperlicher, seelischer, geistiger oder auf der Sinnesebene sein. In ihrem Leben gibt es Barrieren, bei denen sie Unterstützung brauchen. Je nach Schweregrad hat dieses Handicap mehr oder weniger Einfluss auf das gesamte Familiensystem. Weniger oder mehr sind die (Geschwister) Kinder im täglichen Miteinander eingebunden.
Es ist oft ein gewachsenes, ganz selbstverständliches Familienleben, in denen YC ihre Aufgaben haben bei Familienangehörigen die eine Behinderung haben. Neben einem großen Verständnis und auch Rücksichtnahme gegenüber den Einschränkungen, fallen vermehrt Tätigkeiten an wie praktische Unterstützung im Alltag, Hilfe bei der Körperpflege, etc.
Wie wiederrum die Bedürfnisse der YC gesehen werden, ob es Menschen werden mit hohen sozialen Kompetenzen oder ob sie in den ganzen Anforderungen selbst auf der Strecke bleiben hängt sehr von den Umständen ab, vom Umgang des sozialen Umfeldes und von den eigenen Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes.
Long Covid
Long Covid ist eine Erkrankung, die in dieser Form erst sein 2020 durch Corona bekannt ist und einegesundheitliche Langzeitfolge einer SARS-CoV-2-Infektion ist. Die Symptome variieren stark, bezeichnend sind chronische Schwäche, Gedächtnis- und Schlafstörungen, Kurzatmigkeit, Kopf- und Muskelschmerzen, Depressive Verstimmungen.
Selbst zuvor hochaktive oder hochleistungsfähige Menschen (es sind auch viele Kinder betroffen), sind durch diese Erkrankung wie aus dem Leben gerissen und können die sonst normalen Aufgaben in Ihrem Leben nicht mehr bewältigen. Neben den Hilfestellungen, die diese Menschen jetzt brauchen, müssen die anderen Familienmitglieder die Aufgaben übernehmen, die diese Person vorher übernommen hatte, z.B. Tätigkeiten im Haushalt oder bei der Geschwisterbetreuung.
Für die YC bedeutet das für die Situation zu Hause, sehr viel Verständnis für den Erkrankten haben zu müssen, da die Symptome schwanken und oft schwer zu „ergreifen“ sind. Desweiten kann es sein, dass YC auf sonst übliche Freizeitaktivitäten verzichten müssen. Da es außerdem zu Heilungsprognosen und Behandlungsansätzen noch viele Fragen gibt, bedeutet das insgesamt für die YC große Unsicherheiten aushalten zu müssen.
Psychische Störungen
Neben den schon bereits aufgeführten Krankheiten Sucht, Demenz und Depressionen gibt es noch eine Vielzahl von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Psychosen etc. Es sind Erkrankungen, die über einen längeren Zeitraum Einfluss nehmen über Denken, Fühlen und Handeln der betroffenen Person. Sind Elternteile davon betroffen, sind die Kinder in den Familien zum Teil sehr belastet. In wie weit für die Kinder außerdem YC Aufgaben dazukommen gilt es achtsam abzuklären.
Speziell für diesen Bereich gibt es für Kinder- und Jugendliche umfangreiche Unterstützungsangebote – hier ermutigen wir Kontakt aufzunehmen unter "www.bag-kipe.de" – Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder psychisch erkrankter Eltern.
Weiterführende Literatur und Links:
Weiterführende Literatur und Links:
- Abschlussbericht zum Projekt „Die Situation von Kindern und Jugendlichen als pflegende Angehörige“, Metzing, 2017
Fachbuch „Pflegende Kinder und Jugendliche an der Schule“ Thomas Gentner, Verlag Julius Klinkhardt ISBN 978-3-7815-2260-2